Samstag, 9. Juli 2016

#4 Gelddiktatur!

-  Was möchten Sie nach dem Deutschkurs machen?
-  Ich will gerne studieren.
-  Was haben Sie in Ihrem Heimatland studiert?
-  Maschinenbau. Aber hier habe ich kein Interesse daran, weiterzumachen. Ich will etwas anderes studieren.
-  Was denn?
-  Möglicherweise Journalismus, oder irgendwas, das mit Schreiben zu tun hat.
-  [schockiert] Aber warum? Sie könnten in Ihrem  eigenen  Bereich viel Geld verdienen. Wissen Sie, wie gut es in diesem Land ist? (Im Ernst?! Gibt es jemanden auf der Welt, der das nicht weiß?!)
-  [Nachdem ich erklären konnte, dass ich diesen Bereich gar nicht mag:]
-  [tadelnd] Aber warum Journalismus oder so etwas ? Es gibt  kaum Möglichkeiten, auch viele deutsche Muttersprachler können damit keinen Job finden, es gibt keine Stabilität und … .

Egal, ob man mit einem Beamten im Arbeitsamt spricht, mit einem Lehrer,  einem Freund, oder mit jemandem eines Interessenvereins für Journalisten. Das ist das am meisten wiederholte Gespräch, das ich bisher in Deutschland gehabt habe. (“Sie” kann mit “Du” ersetzt werden!)

Und es wird offensichtlich noch schlechter, wenn man ein Ausländer ist. Sie versuchen uns davon zu überzeugen, dass es ganz unmöglich ist; manchmal sogar, wenn sie es selbst  schon geschafft haben!

Es sieht so aus, dass sie verpflichtet sind, uns daran zu erinnern, dass wir wegen der Auswahl eines solchen Bereichs sehr dumm sind.
Es ist  verrückt, dass es kein Geld und keine gute Finanzierung für solche Beschäftigungen gibt. Aber schlechter ist, dass “die Leute” daran glauben, wer solche Interessen hat, ist definitiv doof.

Andererseits habe ich oft unter Arbeitlosigkeit und anderen finanziellen Sachen gelitten (und wahrscheinlich werde ich noch leiden), aber ich ärgere mich mehr darüber, wenn ein Fürsorglicher versucht, mich zu lehren, vorausschauend und bedachtsam zu sein. Mit 26 ist es sehr nervend, besonders nachdem man seine Heimat, sein Leben, seine Arbeit, Freunde und viele andere wertivolle Sachen verlassen hat.

Im Iran, also im Nahen Osten, hat die Diktatur und die Religion versucht, uns abzubringen, und jeztz, macht die “Gelddiktatur” das Gleiche weiter.

Das nächste Mal werde ich sehr freimütig denen, die versuchen, mich vor der Wichtigkeit des Gelds zu warnen, sagen:

“Lasst mich bitte ruhig! Obwohl ich ein bisschen bekloppt aussehe, schaffe ich es, zu überleben. Keine Sorge!”